Stuckenbergfest

stuckenbergfest-1979-aAnfang dieses Jahrhunderts wurden zum Gedenken des Reichskanzlers von Bismarck in den Städten und Kreisen Spenden gesammelt, um mit diesem Geld auf den Höhen des Landes Ehren-und Erinnerungstürme zu bauen. So auch in Herford. Von dem damals gesammelten Betrag war noch nach der Fertigstellung des Bismarckturms ein Restbetrag vorhanden, der zur Ausgestaltung des Umfeldes verwendet werden sollte.

In Herford gab es für den damals aufkommenden Fußballsport und für die Ballspiele der Turner und Turnerinnen nur das Lübberbruch. Dieser Platz war durch Märkte, Ausstellungen und Zirkusse häufig belegt, so daß bei der Nutzung immer wieder Engpässe auftraten. Daher suchte die Stadt dringend nach weiterem Spielgelände.

Auch der Minden-Ravensberger Turngau war an einem zentralgelegenen Gelände, auf dem Spiele und volkstümliche Wettkämpfe ausgetragen werden konnten, sehr interessiert. Bei den seinerzeit auf dem Rennplatz in Quelle durchgeführten Gauspielfesten, hier wurden in den Ballspielen Schlagball, Faustball, Trommelball und Schleuderball jährlich die Gaumeister ermittelt, gab es nämlich häufig Terminschwierigkeiten. Daher betrieb die Herforder Stadtverwaltung zusammen mit dem Landrat des Kreises und gemeinsam mit dem damaligen Gauvertreter des Turngaues, dem Oberturnlehrer Fritz Schmale, bei der Preußischen Regierung in Minden die Überlassung von Gelände vor dem Bismarckturm zur Anlage eines Spielplatzes. Der preußische Staatsfiskus, dem die Kuppe des Stucken-berges gehörte, verpachtete der Stadt Herford das Gelände vor dem Turm auf Widerruf. Ein Bauunternehmer erhielt für den Kostenvoranschlag von 4.600 Mark den Auftrag zum Bau eines Platzes in der Größe 110×80 m.

Der Minister des Inneren sowie der Kultusminister bewilligten jeweils 500 Mark aus der Staatskasse. Die Stadt Herford beteiligte sich mit 1.100 Mark und der Landkreis gab 500 Mark hinzu. Den Restbetrag übernahmen der Turngau und die Turngemeinde Herford. So konnte der Platz schließlich gebaut werden. Bei der feierlichen Einweihung am 18.09.1909 erhielt die Anlageden Namen „Gauspielplatz“. Bei dieser Feier fanden auch Ballspiele und volkstümliche Wettkämpfe statt.

Das war der Anfang der Stuckenbergfeste.

Der Gauspielplatz war übrigens der erste dieser Art in der Deutschen Turnerschaft und wurde damals in den Turnzeitungen und in den Jahrbüchern lobend erwähnt.

stuckenbergfest-1979-bDie Stuckenbergfeste fanden dann auf dieser Anlage in den folgenden Jahren immer im Herbst unter der Regie der Turngemeinde Herford statt. Das Fest war in den ersten Jahren nurfürTurnerausgeschrieben und für die ganze Deutsche Turnerschaft offen.

An Wettkämpfen wurdefür die einzelnen Altersklassen, neben dem Vierkampf der Oberstufe, stets auch ein Dreikampf für die Mittelstufe ausgeschrieben. In den ersten Jahren wechselte man, gemäß den Ausschreibungen der Deutschen Turnerschaft, die jeweiligen Geräte und Übungen. Bei den Stoßübungen waren es der 15 kg Stein, die 10 kg Kugel, die beide mit Anlauf gestoßen wurden, und die 7,25 kg schwere Stoßkugel. Beim Hochsprung gab es damals einen Wechsel zwischen Hochsprung aus dem Stand, Hochsprung mit Anlauf sowie Weithochsprung. Auch beim Weitsprung wechselte man zwischen dem Sprung aus dem Stand und mit Anlauf. Erst Anfang der zwanziger Jahre kam man zu den jetzigen Drei- und Vierkämpfen mit den Disziplinen Hochsprung, Weitsprung, Kugelstoß und 100-m-Lauf. Das Nachmittagsprogramm wurde durch Einzelkämpfe zur Ermittlung des Tagesbesten in den genannten Übungen, durch Wettkämpfe im Stabhochsprung und Steinstoßen, mit Staffelläufen und einem Geländelauf ausgefüllt. Auch Tauziehen und Freiringen wurden vorgeführt. Seit einigen Jahren hat man den Hochsprung und den Stabhochsprung wegen der Verletzungsgefahr aus dem Wettkampfprogramm genommen. Statt dessen wird ein Volkslauf durchgeführt, der regen Zuspruch findet.

Die Wettkampfausschreibung umfaßte zunächst nur die Männer- und Jugendklasse. Nach dem ersten Weltkrieg wurden dann die Frauen mit hinzugenommen. Seit 1946 werden auch Wettkämpfe für Schüler und Schülerinnen ausgetragen. Die Laufbahn, die anfangs quer über den Platz verlief und den Ablauf der anderen Wettkämpfe störte, wurde in den zwanziger Jahren auf den Forstweg oberhalb der Mergelkuhle verlegt. Diese Bahn wurde im Jahre 1929 von der Turngemeinde nivelliert und mit Packlage und Feinschlacke ausgebaut.

Die Teilnehmerzahl dieses Bergfestes bewegte sich früher regelmäßig um die 600 Wettkämpfer. Nur in den Jahren 1937 und 1938, als man im Wettkampfangebot auch Schießen, Fechten und Geländemarsch mit aufgenommen hatte, erreichte die Teilnehmerzahl fast 1200 Aktive. In den letzten Jahren zählte man aber nur noch etwa 400 Teilnehmer. Der Besuch der Bergfeste hat also leider merklich nachgelassen. Die Turnvereine haben zumeist nur noch Ballspieler, die nicht mehr wie früher auch zur Pflege der volkstümlichen Übungen wie Laufen, Springen, Stoßen angehalten werden. Es kommt hinzu, daß die leichtathletisch begabten Schüler und Jugendlichen von den Leichtathletikvereinen angezogen und umworben werden. Dort wird jeder auf seinem Spezialgebiet, je nach Veranlagung, geschult und hat dann an Mehrkämpfen nicht mehr so ein großes Interesse. Damit sind sie für die volkstümlichen Wettkämpfe der Bergfeste verloren, denn bei den Leichtathleten haben diese Feste leider keine Anziehungskraft mehr. Man sieht daher auf den Bergfesten heute vorwiegend nur Männer und Frauen der Altersklassen. Die Riegen für Schüler und Jugendliche sind immer geringer besetzt.

Trotzdem hoffen wir, daß auch in Zukunft die Freude an volkstümlichen Wettkämpfen in froher Runde, auf gewachsenem Boden und in freier Natur erhalten bleibt.